Nach einem wunderschönen Sommerurlaub in Kärnten inseriert Familie de Graaf Ende 1958 in diversen österreichischen Tageszeitungen: "Suchen grosses Grundstück in sonniger Lage." Das gibt eine Mappe voller Angebote wie zB. den Hafnersee, dann ein flaches Areal im Drautal direkt neben der katholischen Kirche. Oder ein Schloss mit schöner Parkanlage. Auch ein Grundstück beim Ossiacher See, aber direkt an der Bahnlinie gelegen, usw., usf. Im Belegexemplar einer Zeitung, in der auch unser Inserat erschienen ist, finden wir zufällig auch noch ein weiteres Angebot: "Verkaufe meinen Besitz im Gmünd-Tale". Das kommt natürlich auch gleich mit in die Mappe. Mitte Februar 1959 machen sich dann Vater und Sohn de Graaf bei herrlichem Wetter auf den Weg nach Kärnten um sich eine Vielzahl der Angebote anzuschauen.

Unterkärnten kommt uns vor wie Sibirien, Nebel, keine Sonne, Unimogs fahren mit Rundholz quer über den Keutschachersee. Auch der Hafnersee zeigt sich uns trostlos und abweisend.
Dann vereinbaren wir mit dem Eigentümer unseres "Zufallstreffers", des Besitzes im Gmünd-Tale, einen Termin. Und in Oberkärnten ist alles anders ! Nachts friert es zwar kräftig aber die Sonne strahlt tagsüber, Schnee gibt es nur im Schatten. Das Gmündtal heisst eigentlich Liesertal und war uns von Durchfahrten wohlbekannt. Weiter hinauf im Gebirge machen wir eine neue Erfahrung: Unten im Tal Schnee, Eis und kalt, oben am Hang Sonne, Wärme, Picknick auf trockenem Gras. Anscheinend ist das was wir in der Schule gelernt haben - unten im Tal warm, oben am Berg kalt - falsch. Wir sind tief beeindruckt.

Aber nicht bloss vom milden Klima in den Nockbergen, sondern vor allem von dieser "Liegenschaft": Das weite Panorama, die Ruhe, die Wälder und Wiesen ausstrahlen, die würzig-reine Luft, die klaren Bäche und die vielen Quellen, die Vielfalt an Bäume, Sträucher und Tiere, das riesige Ausmaß des Grundstücks, das beeindruckende, rund 350 Jahre alte Haus "Schoberhube". Für mich zählt dies alles von Anfang zur ersten Wahl.
Zuhause in Holland werden später im "Familienrat"alle Angebote wieder genau geprüft, Bilder angeschaut, alle Pros und Kontras nach bestem Wissen durchgesprochen. Und dann ist es so weit: Während des 2. Kärntenurlaubs wird beim Notar in Spittal an der Drau der Kaufvertrag unterzeichnet, wir sind die neuen Eigentümer der Schoberhube "wie sie liegt und steht". Im Kaufvertrag vom August 1959 ist sogar vermerkt dass Familie de Graaf hier ein Fkk-Camping beginnen wird.

Inspiriert durch die üppige Natur, die sich im Jahreslauf zusätzlich zum vorher genannten noch mit Enzianen, wilden Lilien, Orchideen und einer Menge blühenden Bäumen schmückt , kommt es fast von selbst zu unserer Wortschöpfung "Naturistenpark". Und unsere Freundin Ise Dissen, in ihrer Funktion als Vize-Präsidentin des noch taufrischen internationalen Naturistendachverbandes INF fast so was wie Schutzengel des allerersten Naturistenparks, steuert dann auch den Namen dieses Projektes bei: Helio-Carinthia, frei übersetzt "Sonniges Kärnten". Und so steht es kurz darauf auch in unserer Konzession: Helio-Carinthia, "eine Campinganlage in Form eines Naturistenparkes" wird errichtet.

Die Schoberhube wird bewohnbar gemacht und an das gerade erst am Pressingberg neu errichtete Stromnetz angeschlossen. Noch Ende Sommer 1960 wird ein für Autos befahrbarer Weg von 1,5 km Länge in Rohbau angelegt und in 1961 fertiggestellt. An den schönsten Stellen im Zentrum, rund um das alte Bergbauernhaus Schoberhube, werden Terrassen geschaffen, wo man Zelte und in weiterer Zukunft auch Häuschen zur Vermietung aufstellen kann. Die ersten Häuschen können im Sommer 1962 bezogen werden, ein kleiner Teich wird in der Nähe ausgehoben.

In 1964 wird eine 2. Serie Häuschen aufgestellt, die auch sofort vermietet wird. Bald müssen wir mehr Parkplätze anlegen und es kommen auch immer öfter Gäste mit einem Wohnwagen. Dafür war allerdings unser Zufahrtsweg nicht gedacht, ein normaler Pkw kann hier keinen Anhänger hochziehen. Doch es zeigt sich, dass unser Steyr-Puch "Haflinger" auch mit diesem Problem ganz gut fertig wird.

Inzwischen haben wir schon in vielen Bergwintern Erfahrungen gesammelt und dies auch in Foto's und Dias festgehalten, die im Sommer an vielen gemütlichen Abenden mit Vertonung vorgeführt werden. Und so melden sich immer wieder Sommergäste, die die winterlichen Festtage ganz ohne Komfort in einer einfachen kleinen Hütte, sozusagen mitten in einer Weihnachtskarte, feiern wollen.
Bald bildet sich auch hierfür eine Stammkundengruppe die fast Jahr für Jahr einen Winterausflug zur Schoberhube macht. Anfangs rutschen sie nur zaghaft an kaum geneigten Stellen etwas mit ihren Skiern herum, doch in einigen Jahren trauen sie sich mehr zu und fahren mutig kurze Hänge hinunter. Viele belegen später Skikurse in der Innerkrems und am Katschberg und werden so zu echten Skifahrern.
In den letzten Jahren hat sich innerhalb des Naturistenparks allerdings der Trend vom Alpin- zum Langlaufski verschoben, weil es sich unbekleidet viel angenehmer machen lässt.

Nachdem sich Anfang der 70er Jahren die Wohnwagen mehr und mehr hin zu 6m langen Tandemachsern entwickeln, schaffen wir eine Zugmaschine mit Allradantrieb an, da unser Haflinger mit Hängern über 800 kg kaum mehr zurecht kommt.
Das erweist sich auch in einigen sehr schneereichen Wintern als vorteilhaft, da der Weg mit dem schweren Traktor wesentlich besser geräumt werden kann. Und nebenbei entsteht dann noch eine schöne Rodelbahn, zur Freude der jungen Gäste.

Nachdem ganz am Anfang von Helio-Carinthia, noch in der "Isetta- und Goggomobilzeit", ein sehr preisgünstiges Quartier fast ohne Ausstattung noch besonders gefragt war, werden die Häuschen im Laufe der Zeit der Nachfrage angepasst. Doch durch die Weitläufigkeit der gesamten Campinganlage ist zB. die Elektrifizierung von Häuschen und Terrassen sowie die Verbringung von Abwässern wesentlich aufwändiger als auf den sonst üblichen kleinen Wiesen von 2-3 Hektar großen Campingplätzen in Tallagen. Auch die Hanglage und die vielen Findlinge im Boden machen uns diesbezüglich das Leben nicht leichter.

Inzwischen hat sich Anfang und Mitte der 70er Jahre unsere Familie fast um 50% vergrössert und der Um- und Ausbau des Wohnhauses wird neben dem normalen Campingbetrieb in mehreren Jahren durchgezogen, damit es sich meine Eltern auf ihren alten Tagen gutgehen lassen können.
Wenige Jahre später wird dann ihre Pflege für uns fast zur Hauptaufgabe, was natürlich nur mit einer stark reduzierten Gästezahl möglich ist. Oktober 1985 stirbt Eduard de Graaf Senior, im November 1996 Inge de Graaf Senior. Sie fehlen uns noch heute sehr.
In 1988 hält der PC Einzug am Pressingberg. Abrechnung, Buchhaltung und Korrespondenz werden "digitalisiert". Auch für andere Arbeitszweige müssen jetzt vermehrt Maschinen und Geräte angeschafft werden um die Arbeit mit weniger Leuten schneller und gleichzeitig etwas schonender bewältigen zu können.

Mittlerweile befinden wir uns mitten im 5. Jahrzehnt vom Naturistenpark Helio-Carinthia. Fast ein halbes Jahrhundert ! Die neuen Kläranlagen laufen und Pläne für die Zukunft haben wir genug. Die Ruhe und Naturschönheit des Tales und des Pressingberg-Südhangs sind nach wie vor unverändert. Hier gibt es Blumen von Almrausch bis Zweiblättrige Waldhyazinthe, Vögel von Adler bis Zaunkönig, Bäume von Ahorn bis Zwetschge, Schmetterlinge von Apollo bis Zeuzera und, und, und ...

Wer auf Urlaub-machen der einfachsten Art mitten in der Natur Wert legt, findet auch weiterhin hier einen Ort, wo ihr/ihm Fuchs und Hase nicht nur "Gute Nacht" sondern auch jeden Morgen freudig und verheißungsvoll "Guten Tag" sagen. Man muss nur die richtige Einstellung, ein Auge für die Schönheiten der Natur, kurz: "das richtige Gespür" dafür mitbringen !

Bis bald, sagt Ihnen Familie de Graaf.